Kunst als Beitrag für eine inklusive Welt

Die Essl Foundation setzt sich für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an allen Bereichen der Gesellschaft ein. Das Erleben von Kunst ist dabei ein besonders wichtiges Anliegen.

15 Prozent der Weltbevölkerung oder mehr als eine Milliarde Menschen leben laut der Weltgesundheitsorganisation WHO mit einer Behinderung. Der Großteil dieser Menschen ist dadurch jedoch von Dingen, die für Menschen ohne eine Beeinträchtigung selbstverständlich sind, ausgeschlossen. Und das trotz des Versprechens „Niemanden zurückzulassen“, wie es in der von allen 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen unterfertigten Agenda 2030 mit ihren 17 Sustainable Development Goals, den SDGs, heißt.

Noch deutlicher ist die Verpflichtung zur Inklusion in der UN-Konvention der Rechte von Menschen mit Behinderung formuliert, die von mehr als 180 Mitgliedsstaaten, darunter auch Österreich, ratifiziert wurde. Diese verpflichtet dazu, Menschen mit Behinderungen die „volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft“ zu ermöglichen.

Für eine Welt ohne Barrieren
Die Essl Foundation, die 2007 als gemeinnützige Privatstiftung von Martin Essl, seiner Frau Gerda und deren vier Kindern gegründet wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, soziale Innovationen und Projekte mit einem Schwerpunkt auf Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Mit dem 2010 ins Leben gerufenen Zero Project will sie zudem einen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention leisten.

Den Zugang zu Kunst allen Menschen zu ermöglichen, ist für die Essl Foundation nicht zuletzt aufgrund der eigenen Erfahrung ihrer Stifter ein besonderes Anliegen. Das Engagement beschränkt sich dabei nicht nur auf die Unterstützung innovativer Ansätze der Kunstvermittlung. Auch Künstler:innen sollen inspiriert werden, den Mehrwert zu erkennen, ihre Arbeit mit mehreren Sinnen erlebbar zu machen, wie folgende drei ausgewählte Beispiele zeigen.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“
Das Kunstwerk von Wilfried Gerstel beschäftigt sich mit dem in den Grundrechten der Europäischen Union festgelegten Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Für seine Installation wählte der Künstler zehn Sprachen der EU, um die Vielfalt der im EU-Raum vorkommenden Sprachen und Schriften zu zeigen. Diese werden durch eine Zeile in Brailleschrift, die von Menschen mit Sehbehinderung benutzt wird, ergänzt.

Foto einer Installation im Österreichischen Parlament, auf der der erste Satz aus Artikle 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in verschiedenen Sprachen und auch in Brailleschrift abgebildet wird.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ im Parlament

Martin und Gerda Essl haben das inklusiv gestaltete Kunstwerk dem renovierten und barrierefrei gestalteten Parlamentsgebäude als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt.

„Corona-Denkmal der Hoffnung“
Das Corona-Denkmal der Hoffnung ist ein Werk von Emmerich Weissenberger und Nora Ruzsics, das in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Institut für nachhaltige Entwicklung realisiert wurde.

Foto des Corona-Denkmals der Hoffnung, einer begehbaren geschwärzten Holzskulptur am Wiener Heldenplatz.
Corona-Denkmal der Hoffnung am Wiener Heldenplatz

Die begehbare geschwärzte Holzskulptur hat die Form der Lemniskate, dem Zeichen für Unendlichkeit. Die zwei Flügel sind den Themen Nachhaltigkeit und Inklusion zugeordnet, die für eine Renaissance nach Corona von zentraler Bedeutung sind. Der barrierefrei zugängliche Raum in der Mitte steht für die allumfassenden Liebe, die niemanden zurücklässt. Sieben bronzierte Siegel symbolisieren die sieben Kardinaltugenden.

Das Denkmal wurde allen Opfern, Leidtragenden und Held:innen von Corona gewidmet. 2022 stand es am Wiener Heldenplatz, 2023 wurde es der MedUni Wien als Schenkung übergeben, wo es voerst im Eingangsbereich des Wiener AKH und später im Foyer des neuen Audimax der MedUni Wien zu besichtigen ist.

Foto des Corona-Denkmals „Monument of Hope“ aus Goldbronze aufgestellt auf einem schneelosen Rasen im Winter.
Das „Monument of Hope“ aus Goldbronze

2021 und 2022 entstand eine zweite Skulptur des Corona- Denkmals aus Goldbronze in derselben Größe. Dieses „Monument of Hope“ soll als Symbol für Renaissance und Inklusion auf eine Welttournee gehen. Dazu wurde ein Schlitten konstruiert, mit dem das Kunstwerk in einen Container geschoben werden kann. Zudem gibt es Pläne, den Container anschließend zu einem inklusiven „Popup- Museum“ umzubauen, um damit inklusive Kunst zu den Menschen zu bringen.

Inklusive Street Art jetzt auch in Österreich
Street Art Belgrad beschäftigt sich seit 20 Jahren mit der Erforschung und Verbreitung von Straßenkunst und Graffiti in Serbien. Ein wichtiges Anliegen dabei ist die inklusive Gestaltung dieser Kunst im öffentlichen Raum.

Foto eines weitgehend in Grau- und Rosatönen gehaltenen Graffitis am Karl-Farkas-Platz im 7. Wiener Gemeinebezirk. Abgebildet sind das Gesicht und die Hände einer jungen Frau, die ein hirschartiges Tier mit einer Beere füttert.
Graffiti am Karl-Farkas-Platz in Wien

Über den Kontakt zum Zero Project hat Street Art Belgrad Ende 2022 erstmals in Österreich drei Murals inklusiv gestaltet. Die Graffitis wurden gemeinsam mit Jakob Kattner, dem Gründer und Leiter des Streetart Festivals „Calle Libre“ in Wien, ausgewählt und befinden sich am Karl-Farkas-Platz im 7. Wiener Gemeindebezirk.

Im Eingangsbereich des dort befindlichen Parkes wird bis zum Sommer 2023 von jedem der drei Murals ein Ausschnitt als 3D-Relief gestaltet. Darunter findet sich eine Beschreibung in Brailleschrift.

Foto des 3D-Reliefs mit der dazugehörigen Tafel in Brailleschrift zu einem der inklusiven Graffitis am Karl-Farkas-Platz.
Die inklusive Umsetzung mit 3D-Relief und Tafel in Brailleschrift

Zusätzlich gibt es eine vierte Tafel, die Informationen für Sehende und einen QR-Code enthält, über den weitere Inhalte abrufbar sind.

In einer weiteren Zusammenarbeit von Street Art Belgrad mit dem Zero Project entsteht im Rahmen der Zero Project Konferenz 2023 ein inklusives Kunstwerk. Dieses Mural soll danach im Haus der Philanthropie in Wien als „good practice“ für inklusive Kunst ausgestellt werden.

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